Mit Carmela unterwegs …

October 31, 2008

Wegen Allerheiligen auf der Plastiktonne nach Manila

Filed under: Familie und Freunde, Land und Leute — Carmela @ 4:29 am

Ich erwähnte ja schonmal, dass christliche Feste hier eine sehr große Bedeutung in der Kultur von Philippinos haben. So ist das vor allem mit Allerheiligen und Allerseelen. Die Kinder und Jugendlichen haben eine Woche vorher Ferien bis kurz nach Allerseelen (gilt auch für die College Studierende). Allerheiligen ist sehr tief hier bei den Menschen verwurzelt, denn es ist auch ein Familienfest. Besuche auf dem Friedhof kennen wir ja auch. Der Unterschied hier ist, der Friedhof ist schon ab dem 31.10. Aufenthaltsort für die ganzen Familien. Die MitarbeiterInnen von PREDA konnten schon ab dem Freitag frei nehmen, vor allem diejenigen, die in ihre Provinzen fahren wollten, haben das in Anspruch genommen. Die Solidarität mit den toten Familienangehörigen ist so groß, dass auf dem Friedhof richtig gefeiert wird. Viele Händler stellen schon während der Woche ihre Stände auf und um die Friedhöfe herum auf. Dadurch dass die Gräber hier oberhalb der Erde sind (rechteckige Betonkäste, oft Mausoleum) wird das mitgebrachte Essen, Getränke, Bilder der Verstorbenen etc. dort aufgestellt und man feiert bis Sonnenuntergang (gegen 17.30 - 18.00 Uhr). Durch den Einfluss von Halloween erscheinen auch viele - vor allem Kinder und Jugendliche - in ihren Kostümen auf dem Friedhof. Familienangehörige, die in den Städten leben fahren oder fliegen - wenn sie die Möglichkeit haben - weit in ihre Provinzen, um die die Verwandtschaft wieder zu sehen. Allerheiligen ist also nicht nur ein “Wiedersehen” mit den Toten, sondern auch ein Wiedersehen mit all den Familienangehören, die man oft sehr selten sieht.

Meine Familie in Manila geht dieses Jahr nicht auf den Friedhof, weil’s einfach zu voll ist. Zehntausende Menschen sind unterwegs und die Strassen sind voll und das Verkehrschaos spitzt sich an den beiden Tagen zu. Hinzu kommt, dass meine Tante am 1.11. Geburtstag hat, deshalb feiern wir zu Hause.

So bin ich also während der Halloween Party in PREDA zur Busstation und habe so eben den letzten Bus nach Manila bekommen. Dadurch, dass eben sehr viele schon unterwegs zu ihren Familien waren, kann man sich das ein wenig vorstellen, wie voll die ganzen Fortbewegunsmittel sind. Es war also kein Platz mehr frei im Bus, aber weitere Menschen - u.a. ich - wollten nach Manila. Nein, man sagt dem Fahrgast nicht, dass es nicht mehr möglich ist, weil alle Plätze besetzt sind, sondern man lädt sie ein, einfach mitzufahren. Dann steht man halt im Mittlegang oder setzt sich auf die Stufen beim Einstieg. Da ich glücklicherweise nicht die aller Letzte war, hat mir der Busfahrer den Platz auf der Plastiktonne angeboten, der sonst als Mülleimer benutzt wird, direkt neben dem Fahrer. Das ist doch besser als 3 Stunden lang zu stehen, ne?! Ich musste nur aufpassen, dass ich den Fahrer beim Lenken und Schalten nicht immer behindert habe, aber der Fahrer war sehr freundlich, und hat mich zwischen durch immer wieder gefragt: “Mam, are you o.k.?” (”Geht es Ihnen gut?). Philippnische Busfahrer sind ja regelrechte Kamikazee-Fahrer. Ich wollte gar nicht die ganze Zeit auf die Straße schauen, denn das macht einem echt Angst, wie überholt wird, eingefädelt, mit 100 durch die Ortschaften, ständiges Hupen und Abblendlicht immer wieder anmachen, um andere auf sich aufmerksam zu machen usw. Hui! Ich bin ja nun kein Mäuschen hinterm Steuer, aber das is echt a little bit too much! Gott sei Dank bin ich bislang immer heile überall angekommen!

Ich habe mich für das Wochenende in meinem Stammhotel (super Service und sauber, super preiswert!) eingecheckt, weil ich mich bei meiner Tante zu Hause vor allem jetzt über die Feiertage nicht wirklich erholen kann, zu viele Menschen, die zu lange zu laut sind. :-)

October 30, 2008

AKBAY – Kinder und Jugendorganisation von PREDA

Filed under: Fotos, Projekttagebuch — Carmela @ 3:50 am

1998 hat sich die Kinder- Jugendorganisation AKBAY gegründet. AKBAY (Aksyon ng Kabataan at mga Bata para sa Bayan) bedeutet: Kinder und Jugend Aktion für das Land. Wenn man das wortwörtlich übersetzt, heißt es: jemandem den Arm auf die Schulter legen als Geste der Freundschaft, tiefer Sympathie, eine Geste der Unterstützung.

Zur Zeit hat AKBAY über 70 Mitglieder zwischen 17 und 27 Jahren. Es gibt eine sehr klare Struktur mit Chairman, Secretary, Speaker, Schatzmeister usw. Also, die Ämter - und noch ein paar mehr - wie wir sie auch von Jugendorganisationen her kennen. Das Leitungsgremium besteht aus älteren Jugendlichen (18-25 Jahren). Aufgabe von AKBAY ist, das Anliegen von PREDA öffentlich zu machen. Deshalb gibt es verschiedene Bereiche: Umweltschutz, Verteidigung der Kinder- und Frauenrechte, sozial-ökonom. Projekte, Erziehung - Kultur - Sport, Partizipation von Kindern und Jugendlichen und Steuerung, präventive Gesundheitserziehung und kirchl. Stellungsnahmen. Die Jugendlichen kommen aus anderen Lebensverhältnissen als die Mädchen und Jungen in den PREDA Heimen. In der Regel sind es fast alles College Studierende. Über die Öffentlichkeitsarbeit von PREDA in den Schulen, wird das Interesse für PREDA und AKBAY geweckt. Es gibt auch einige wenige von unseren HeimbewohnerInnen, die AKBAY Mitglieder sind. Es kann gut sein, dass sich das in Zukunft ändern wird, weil das Interesse vor allem bei den Mädchen sehr groß ist, einmal zu AKBAY zu gehören. Die Mitglieder kommen aus der ganzen Region Zambales (sowas wie ein Bundesland) und der Stadt Olongapo.

Neben Seminaren, Trainings und Events ist Theater und Musik Methode und Medium von AKBAY, um in der Öffentlichkeit zu wirken. Es gibt eine Tanztruppe und zwei Theatergruppen, eine nationale, die innerhalb der Philippinen tourt und eine internationale, die schon auf Europa Tour war (auch Deutschland, u.a. Köln) und beim WJT in Sydney aufgetreten ist. Sie haben 4 Theaterstücke, um ihre Botschaft rüberzubringen: Knastkinder, sexuelle Ausbeutung und Prostitution, Umweltverschmutzung und -schutz, und das vierte habe ich vergessen … hehehe. Das sind also alles Laienspieler, und sie engagieren sich ehremamtlich, aber WOW!, die sind sowas von super professionell! Außerdem moderieren sie jeden Sonntag Mittag im regionalen Radio die Sendung “Angel Anni” (wo ich auch schon zu Gast war).

Am Donnerstag war die jährliche Generalversammlung im Zentrum, bei der u.a. Neuwahlen anstanden für das Leitungsgremium. Und anschl. war eine Retro Party, weil ja Halloween ist. Ich bin nicht bis zum Schluss geblieben, da ich noch nach Manila fahren musste. Denn am 31.10. zu reisen, ist wegen Allerheiligen einfach zu krass, weil nämlich dann jeder unterwegs ist.

Hier sind die Fotos.

October 29, 2008

Straßenkinder Konferenz

Filed under: Fotos, Projekttagebuch — Carmela @ 3:38 am

Mittlerweile die zweite, und ganz viele unterschiedliche Organisationen und Schulen haben daran teilgenommen. Eine Parade durch die Stadt hat alles eingeleitet, so richtig mit Luftballons, Fähnchen und Musik. Bei der Konferenz selbst sind es Jugendliche gewesen, die das ganze moderiert und auch die Forderungen an die Stadt vorgestellt haben. Ehrungen gab es ganz viele für die kinderfreundlichsten LehrerInnen und DirektorInnen (das ist doch mal ne Anregung für uns!) und natürlich viele Darbietungen vor allem solche, die mit Musik, Singen und Tanzen zu tun haben. Unsere Jungen haben ihr Theaterstück über „Knastkinder“ vorgeführt.

Die Mädchen waren ab der Parade dabei (die nennen das hier „Rally“ – is eigentlich mehr ne Demonstration), also die, die man bei solchen Veranstaltungen mitnehmen kann und nicht die Gelegenheit nutzen, um weg zu laufen.

Die Kinder- und Jugendorganisation von PREDA „AKBAY“ war ebenso dabei.

Hier sind die Fotos: Theaterprobe, Straßenkinder Konferenz.

October 28, 2008

Willkommensritus bei den Jungen

Filed under: Fotos, Projekttagebuch — Carmela @ 3:33 am

Immer wenn neue Jungen kommen, werden die feierlich in die PREDA Familie aufgenommen. Eigentlich wird solche eine Feier jeden Monat gemacht. Aus irgend welchen Gründen gab es seit August keine mehr, so dass über 20 aufgenommen wurden. Veranstaltet wird der Willkommensritus im Außenzentrum in Castellejos.

Dieser Willkommenritus hat eine starke Anlehnung an die Taufe. Es geht also um Umkehr und Aufnahme. Die Jungs bekommen die Augen verbunden, zum einen, um es spannender zu machen, zum anderen, um die Dunkelheit besser zu erfahren. Dann folgt eine Schriftlesung über das Licht der Welt, und anschließend bekommt jeder Junge persönlich mit Handauflegung auf die Schulter die Zusage und Bestärkung, kein Kind der Dunkelheit mehr sein zu müssen und die Fähigkeit besitzt, sich ändern zu können. Alle aufzunehmenden Jungs halten während dessen eine Kerze in der Hand und nach der Zusage wird die Augenbinde abgenommen. Einige mussten richtig weinen. Alle anderen Jungen und alle MitarbeiterInnen gratulieren den Neuzugängen und heißen sie Willkommen, per Handschlag, Umarmung oder eben in deren Art und Weise (so en bißchen Gangster und coll mäßig, wie das unsere dtsch. Jungs eben auch machen würden).

Anschließend gibt es Essen, und natürlich das Goldilocks Kuchen und Eis nicht fehlen.

Hier sind ein paar Fotos.

October 26, 2008

PREDA Bilder

Filed under: Fotos, Projekttagebuch, Trips - Reisen — Carmela @ 3:30 am

Hier sind ein paar Fotos um und im Zentrum und über PREDA selbst.

Ich werde dieses Album immer ergänzen. Leider vergesse ich, meine Kamera mit zu nehmen; denke nur daran, wenn besondere Veranstaltungen statt finden.

October 25, 2008

Besuche der Mädchen zu Hause und Nachsorge-Besuche

Filed under: Projekttagebuch — Carmela @ 3:21 am

Wie immer, wenn es nach Manila geht, muss ich um 4 Uhr morgens parat sein … auch wenn ich dann leider Gottes immer Verspätungen von ner halben Stunde in Kauf nehmen muss. Ich brauch dann nicht bis oben ins Zentrum zu fahren, sondern lasse mich vor Dunkin Donuts abholen, und beim Warten merke ich immer wieder, was um diese Uhrzeit schon los ist. Entweder sind die Leute dann noch immer oder schon wieder unterwegs. Großstädte schlafen halt nie. 10 Mädchen hatten ihre Besuche zu Hause anstehen (Manila und Umgebung) und 2 sind in die Reintegration entlassen worden (eine nach 2, eine nach 4 Jahren). Die Besuche sind nicht immer bei den biologischen Eltern, sondern bei den Familienangehörigen, wo eine Reintegration möglich sein könnte. In manchen Fällen lebt der Misshandler ja immer noch zu Hause oder in der Nachbarschaft. Also, 12 Mädchen, drei Sozialarbeiterin, ich und ein unerfahrener (neuer) Fahrer saßen eingepfercht in einem Minibus, der für 9 Personen ausgestattet war, zusätzlich das Mittagessen und Gepäck der Mädchen. Auf der Rückfahrt waren wir immerhin ein Mädchen weniger, weil wir ein Nachsorgemädchen mit nach PREDA genommen haben, weil dort in der Nähe ihre Mutter lebt, die sich um das Kind des Mädchen kümmert, und sie ihr Kind schon länger nicht mehr gesehen hat. Erwähnte ich, dass die PREDA Fahrzeuge keine Aircondition haben? Also, man stelle sich vor, dass man eben mit 16 Menschen den ganzen Tag im Hochsommer, mit über 70% Luftfeuchtigkeit durch den Smog einer Großstadt fährt. Die Mädchen haben die meiste Zeit geschlafen, weil die Hitze ja auch so müde macht.

Die Besuche sind immer nur ganz kurz, höchstens 45 Minuten. Die Sozialarbeiterin spricht dann mit denen, die gerade da sind, und erkundigt sich, was so alles passiert ist zwischen zeitlich, wie es der Familie geht usw. Ein Mädchen hat ihre Mutter nach 8 Jahren zum ersten Mal wieder gesehen, denn sie hat das Kind damals vor dem Bürgerhaus abgegeben (also einfach dort gelassen und ist gegangen). Sie lebt jetzt mit einer Frau zusammen. Bis wir erst einmal das Haus gefunden haben … Wir haben einfach immer wieder nach dem Namen in den Dörfern gefragt, das Mädchen selbst den Menschen gezeigt und gefragt, ob sie sie vielleicht kennen. Glücklicherweise wusste eine Frau Bescheid, die wir dann einfach mit im Bus genommen haben, um zum Haus zu kommen. Mal sehen, ob es in diesem Fall zu einer Reintegration kommen wird, denn das Mädchen ist jetzt 16 Jahre und fast mit der High-School fertig, und sie weiß selbst, dass sie nicht für immer in PREDA bleiben kann, zumal sie auch kein Missbrauchsopfer ist.

Ganz schlimm war, dass die Sozialarbeiterinnen zum ersten Mal diese Mädchen Konstellation nach Manila begleitet haben und selbst nicht wussten, wo die Familien leben. Das heißt, wir mussten uns auf die Mädels selbst verlassen, die jedoch selbst nicht so genau wussten, wohin es gehen sollte. Hinzu kommt der Fahrer, der zum ersten Mal für PREDA gefahren ist, sich nicht in Manila auskannte. Letzten Endes haben wir 6 Familien besucht und 2 Nachsorgebesuche gemacht. Ich bin dann immer mit raus und hab die Familien mit besucht – schon allein, um zwischen durch mal ein wenig wehenden Smog abzubekommen. Ein Mädchen sagte mir im Vorfeld, dass sie sich schämt, wenn ich sehe, wie sie leben. Ich habe ihr erklärt, dass mir das nix ausmacht, denn schließlich habe ich auch Familienangehörige die in ganz einfachen, armen Verhältnissen leben. So war es dann auch.

Ein Reintegration Mädchen (17 Jahre) lebt jetzt bei ihrem älteren Bruder (Anfang 30). Die Reintegration wird immer gut vorbereitet und die Angehörigen müssen regelmäßig nach PREDA kommen. Sie war zwischen zeitlich auch auf Besuch in PREDA, und es geht ihr sehr gut. Sie hat ein Stipendium von PREDA und studiert Psychologie im ersten Semester. Sie hat mir manchmal, wenn sie Zeit hatte, bei meinen Aktivitäten geholfen und für mich übersetzt.

Am Abend sind wir dann mit allen in eine Mega Mall, um zu Essen bei Jollibee, und die Mädchen durften ein wenig einkaufen oder sich im Vergnügungsbereich (sowas wie ne Spielhalle für Kinder) aufhalten. Um Mitternacht waren wir dann auch wieder zurück in Olongapo.

October 24, 2008

Wenn die künstliche Empfängnisverhütung per Gesetz droht

Filed under: Land und Leute, Projekttagebuch — Carmela @ 3:11 am

Seit letztem Jahr gibt es den Entwurf zu einem Fortpflanzungsgesundheitsgesetz (ich kann’s nicht besser übersetzen. „Reproductive Heath Bill“). Die philippinische Regierung macht sich ernsthaft Sorgen, wie man der stetig steigenden Bevölkerung entgegen wirken kann. Das Gesetz beinhaltet Serviceleistungen für Familienplanung (künstlich und natürlich), Erziehung im Bereich Kindererziehung, Kinderernährung, Sexualunterricht, Empfehlung für ideale Familiengröße (kein Gebot) und vieles mehr rund um das Thema Familie, Familienplanung und Erziehung. Das, was so Furore macht, ist die Tatsache, dass künstliche Schwangerschaftsverhütung per Gesetz in einem katholischen Land für alle zugänglich gemacht werden soll. Es gibt nun viele Befürchtungen, dass damit auch die Legalisierung von Abtreibung Tor und Tür geöffnet wird. Außerdem, dass durch ein Sexualunterricht ab der Grundschule bis zur 10. Klasse sexuelle Ausschweifungen die Folge sein könnten. Über 70% der Philippinos sind jedoch dafür, dass künstliche Schwangerschaftsverhütung einfacher zugänglich gemacht werden soll, da der Zusammengang zwischen Armut und kinderreichen Familien auf der Hand liegt – wie ja auch bei uns.

Mehr zum Inhalt und Verständnis dieses Gesetzentwurfes hier.

PREDA hat zu diesem Thema ein Forum veranstaltet, an dem verschiedene NGO (Nichtregierungsorganisationen) und Kirchengruppierungen teilgenommen haben und alle interessierten PREDA MitarbeiterInnen. Leider war die Veranstaltung von den SprecherInnen sehr einseitig, da alle gegen das Gesetz gesprochen haben. Es war ein Politiker der Stadt und ein Ehepaar aus einer Kirchengemeinde dort, die ihre Meinung vertreten haben.

Für mich war das alles sehr befremdend, jedoch die Ängste und Befürchtungen nachvollziehbar. Es herrscht solch eine große Angst bei den gebildeten Philippinos, dass die Moral des Landes unter den Folgen des Gesetzes leiden könnte, und dass Kinder und Jugendliche zu sexsüchtigen Personen herangezogen werden. Klare Aussage der SprecherInnen war: Disziplin und kein Sex, wenn man keine Kinder mehr haben möchte. Das ist die sicherste Methode, ansonsten sollte man auf die natürliche Weise zurück greifen, die natürlich bekanntlich nicht sicher ist.

Da mir das dann doch alles zu einseitig war, hab ich mir gedacht, dass ich doch mal von meinen Erfahrungen hier aus Deutschland erzählen könnte, dass man hier ab der zweiten bis zur neunten Klasse Aufklärungsunterricht hat, und dass dadurch die Kinder und Jugendlichen keine sexhungrigen Wesen (sex maniacs – das war in aller Munde) sind, sondern dass sie lernen, verantwortungsvoll mit diesem Thema umzugehen (auch wenn das in den letzten Jahren was nachgelassen hat). Und die wenigsten ungewollten Schwangerschaften haben eine Abtreibung zur Folge, so dass es zwischen künstlicher Empfängnisverhütung und Abtreibung nicht notwendiger Weise einen Zusammenhang gibt. Gerade die jüngeren Anwesenden des Forums haben dann eingestanden, dass sie sich auch Aufklärung in der Schule wünschen, jedoch heißen sie es nicht für gut, wenn die künstl. Empfängnisverhütung gelehrt wird. Jedoch ist letztere Aussage nicht repräsentativ in der Bevölkerung.

Ein Argument was immer wieder als Kontra betont wurde, war die Tatsache, dass die Philippinen ein christlich orientiertes Land sei, und man sich weiterhin danach orientieren sollte. Dazu – das hab ich dann nicht gesagt, sondern nur gedacht – muss man jedoch sagen, dass über 80% auf dem Papier katholisch sind, das jedoch überhaupt nicht bedeutet, dass die auch alles nach christlich ethischen und moralischen Maßstäben handeln. Es mangelt eben an einer ethischen – christlich orientierten – Gewissenbildung, sonst gäb es ja wohl nicht so viele Eltern, die ihre Kinder auf die Straße schicken, in die Prostitution, Kinder in die Welt setzen und dann nicht wissen, wie sie sie ernähren können, Korruption, Kriminalität usw. Gewiss, vieles ist Folge von Armut, jedoch ist es nie eine Entschuldigung, vor allem wenn es deutliche Menschenrechtsverletzungen sind. Vergewaltigung in der Ehe und sonstige Misshandlungen an Frauen sind z.B. auf der Tagesordnung. Das christliche Menschenbild ist zu sehr beeinflusst vom Bild des spanischen Großgrundbesitzer, der über die Familie herrscht. Kinder sind da, damit die Zukunft gesichert ist und nicht, weil sie die Frucht der Liebe (im christlichen Kontext gesprochen) sind. Kinder werden nicht zu eigenständigen Personen erzogen, die ihren eigenen Wege gehen sollen, sondern lernen, dass sie immer und zu jeder Zeit für ihre Familie und die Eltern verantwortlich sind.

Ich gebe einem Sprecher Recht, wenn er anfragt, wer denn sagt, dass die Philippinen übervölkert sind. Wir sprechen dann von Übervölkerung, wenn ein Land nicht in der Lage ist, sein eigenes Volk zu versorgen. Jedoch ist das ja in vielen Ländern die Folge von Armut, und diese ist wiederum die Folge der ungerechten Verteilung der Güter und Ressourcen.

Das weitere Problem, warum so viele gegen dieses Gesetzt sind, ist die Tatsache, dass es 30 Milliarden Pesos kosten würde, um es umzusetzen. Und sich jeder fragt, woher denn dieses Geld her kommen soll. Es ist das generell Misstrauen der Regierung gegenüber, weil sie nun einmal korrupt ist. Statt dass sie dieses Geld den NGOs und Kirchen zu Verfügung gestellt wird, oder die Regierung selbst vernünftige Programme für den Kampf gegen Armut umsetzt, wird ein Gesetzt eingeführt, dass viele Philippinos als nicht ethisch korrekt betrachten.

Ich persönlich denke, dass viele Inhalte dieses Gesetzes sehr gut sind, denn die Philippinen brauchen auch ganz konkrete und schnelle Hilfe im Bereich Familienplanung. Das eine sind die Seminare, die Kirchen und NGOs für die arme Bevölkerung durchführt, die langfristig Wirkung zeigen. Das andere ist die akute Hilfe, wenn eine Familie schon 7 Kinder hat, keinen Job, verarmt, und die Eltern sind gerade mal 35 Jahre alt. Da hilft es recht wenig, denen zu sagen, dass sie für den Rest ihres Lebens auf Sex verzichten sollen, denn nur so sind sie verantwortungsvolle Eltern.

Es bleibt also spannend, was in den nächsten Wochen dies bezüglich geschehen wird.

October 23, 2008

Es geht weiter …

Filed under: Familie und Freunde, Projekttagebuch — Carmela @ 3:09 am

Manche haben mich gefragt, ob ich keine Lust mehr habe, zu schreiben oder einfach keine Zeit oder so. Letzteres ist der Fall gewesen. Während der Woche komme ich so gut wie nicht zum Schreiben, weil ich auch Abendtermine habe und seit einer Woche habe ich dreimal die Woche auch noch Tagalog Unterricht. Und alles läuft irgendwie langsamer, d.h. die Zeit ist schon gefüllt, aber man brauch für alles viel mehr Zeit bzw. man lässt sich die Zeit, ob es die Kassiererin an der Kasse ist und vor allem die Anfangszeiten der Termine. Viel Zeit verbringe ich mit warten.

In den letzten zwei Wochen habe ich vormittags ca. 70 Berichte der Gerichtsanhörungen der Jungs geschrieben, weil die Sozialarbeiterin, die dafür zu ständig ist seit April im Rückstand war. Sie ist oft auf „field work“, also außerhalb unterwegs auf Anhörungen, Heimbesuche bei den Angehörigen. Deshalb sind die Berichte liegen geblieben. Ich habe also alle ihre Wochenberichte seit dieser Zeit durchforstet und die Ergebnisse der Anhörungen zusammen gefasst für die Akte, weil das Sozialamt regelmäßig vorbei kommt und die Unterlagen überprüft.

Mittlerweile bin ich gebeten worden, für die Jungen, die nicht in die Schule gehen – das sind die meisten – praktisch orientierte Module zum Thema interpersonale Kommunikation auszuarbeiten und sogenannte „Skills of Life“ (Soziale Fähigkeiten für’s Leben). Neben den nichtformalen Unterricht, der bestimmte Themen anspricht, wie z.B. Müllverarbeitung, Umweltschutz, Drogen und –missbrauch, soll künftig diese Module durchgeführt werden. Seit dieser Woche bin ich also damit fertig geworden und muss sie nur noch mit dem Projekt Koordinator absprechen.

Meine Nachmittagsaktivität für die out of school youth (Jugendliche, die nicht die Schule besuchen) der Mädchen laufen sehr gut. Die Gruppendynamik war das Problem, weil wie letzte Woche, die ganzen Grundschuljugendlichen Semesterferien hatten (für 2 Wochen) und dann auch dabei waren, neben meinen 6 Jugendlichen, die ich sonst betreue. Wir haben alle Jüngeren (unter 13 Jahre) aussortiert und eine Erzieherin hat sich dann um die gekümmert. Ich behandle mit denen Themen wie z.B. „Zuhören“ (im empathischen Sinne), „Aufbauende Aussagen und Gesten – Niedermachende Aussagen und Gesten“, „Respektiere dich selbst und andere“, „Ich bin verantwortlich für mich und andere“, „Was – Warum – Wie – Botschaften“ usw. Alles ist mit Übungen und viel Interaktion verbunden. Spiele vor, nachher und zwischen durch sind ein Muss dabei. Puh, echt gut, dass ich in der Kinder- und Jugendarbeit tätig war … denn die lieben die deutschen Kreisspiele! Manche sind denen bekannt, mit kleinen (philippinischen) Varianten.

Also, meine Zeit ist gut gefüllt und erfüllt mich auch sehr!

Liebe Grüße,

Eure Carmela.

October 17, 2008

Und Tschuess!

Filed under: Land und Leute, Projekttagebuch — Carmela @ 3:36 pm

… haben sich vier der neuen Maedels Heute gedacht und sind weg gelaufen zusammen mit einem anderen, die schon Vorgestern versucht hat, waehrend der Schule weg zu laufen. Bei den neuen war es ja nur eine Frage der Zeit, denn sie haben mir staendig bei der Nachmittag Aktivitaet gefragt, ob ich sie denn nicht mit nach Manila nehmen kann, wenn ich wieder dort hin fahre, denn die kommen von da. Ich habe denen natuerlich erklaert, dass das nicht geht, denn sie sind ja in der Obhut von PREDA, was sie aber ueberhaupt nicht wollen. Sie vermissen ihre Eltern und die Familie so sehr, und als sie Gestern dann auch noch Besuch von ihren Sozialarbeiterinnen azs Manila hatten, die ihnen erklaert haben, dass sie zunaechst fuer etwas laenger hier bleiben, war natuerlich die Stimmung auf Null.

Als ich um 14 Uhr meine Nachmittagsveranstaltung starten wollte und zu denen ins Heim ging, das in der Regel verriegelt ist, waren alles Maedchen, die in Frage kamen, im Fernsehzimmer, ausser eben die grossen neuen Maedchen, die ich jedoch ca. 40 Min. vorher noch gesehen dort im Raum gesehen habe, weil ich mir ein Bild von der Anzahl machen wollte. Ich habe dann die Erzieherin gefragt, wo denn die Grossen seien, wurde sie was stutzig, denn in den letzten Wochen gab es ein paar Maedels, die einen Abgang gemacht haben, jedoch alle wieder zurueck sind. Die 5 sind haben die Hintertuer vom Schlafsaal aufgebrochen und sind hinten rum raus. Zwei Sozialarbeiterinnen haben dann alles mal abgesucht bis in die Stadt, weil dort der Busterminal ist Richtung Manila, jedoch erfolglos. Ich hoffe, dass es denen gut geht.

Wenn ein Maedchen weglaeuft, dann in der Regel zurueck zur Familie, insofern es sich mit dieser versteht. Die Eltern melden auch in den meisten Faelle, dass das Kind bei ihnen angekommen ist. Da die Sozialarbeiterinnen in Manila ebenso Bescheid von PREDA bekommen, schauen die auch dann vor Ort mal nach. Manche Eltern fahren ihre Kinder auch selbst zurueck ins Heim, oder eine Sozialarbeiterin von hier holt das Kind ab.

Es ist fuer uns schwer nachvollziehbar, warum viele Kinder zurueck zu ihren Familien wollen, die sie in die Prostitution verkauft haben. Aber das ist die Kultur hier: man sorgt und kuemmert sich hier um die Familie, auch wenn man noch Kind ist. Und wenn es Prostitution ist, dann auch gut, solange man der Familie damit helfen kann. Die Eltern leben dies auch staendig vor und sagen den Kindern, dass sie dazu beitragen muessen, dass was zu essen da ist und sie was zum Ueberleben haben. Deshalb ist es auch so schwer, den Maedchen klar zu machen, dass ihre Eltern sie vernachlaessigt haben und diese etwas Verbotenens getan haben, wenn sie Minderjaehrige fuer Sex verkaufen. Es ist fuer sie nicht verstaendlich, dass sie Schutzbefohlene sind und nicht sie, sondern ihre Eltern sich um das Wohl der Kinder kuemmern muessen. Aber das den armen Familien hier klar zu machen, ist nicht so einfach. Vier von den 5 Weggelaufenen haben bis vor Kurzem in Sexbars in Manila gearbeit. Sie sind zwischen 14 und 17 Jahre alt.

Deshalb ist Bestandteil der Reintegration in die Familie, dass alle eine Familientherapie machen und die Eltern und alle Geschwister Seminare besuchen. Oft mangelt es auch einfach an Aufklaerung und sowas wie Wertebildung. Wenn moeglich, sieht PREDA auch zu, dass die Eltern selbst eigenstaendig werden durch Arbeit. Je nach dem, wie die Familien kooperieren, ist eine Reintegration moeglich. Wir haben aber auch Maedchen aus der Prostitution, die im Zentrum sind bis sie eigenstaendig und unabhaengig sind, d.h., wenn sie ihre Schule / ihr Studium abgeschlossen und eine Arbeit haben. Wer moechte, bekommt von PREDA ein Stipendiat fuers College. Zur Zeit sind es vier aeltere Maedchen, die studieren.

Kinderprostitution

Eine Sozialarbeiterin von PREDA, die jetzt in Irland arbeitet, war ein ehemaliges PREDA Heimmaedchen. Missio in Aachen hat ihr Leben ein wenig dokumentiert, da sie die erste war, die einen deutschen Sextouristen erfolgreich vors Gericht gebracht hat. Es sind jaehrlich ca. 400.000 Deutsche, die ueberwiegend nach Thailand, Philippinen, Indien und Kambodscha reisen mit dem einen Ziel: schnellen, billigen Sex! D.h. alle diese Menschen (ueberwiegend maennlich) tragen zur Ausbeutung von hunderttausenden von Kindern bei und unterstuetzen aktiv den Menschen- vor allem Kinderhandel. Kinderprostitution wird hier mit bis zu 30 Jahren geahndet und Vergewaltigung eines Kindes unter 12 Jahren sogar mit der Todesstrafe. Vermehrt wird es fuer Sextouristen schwieriger, sich mit Minderjaehrigen einzulassen. Denn es gibt mittlerweile Gesetze und bilaterale Abkommen, die ermoeglichen, dass man aufgrund von Beobachtungen, Sextouristen anzeigen und ueberfuehren kann. Es ist verboten, als Erwachsener ein philippinisches minderjaehriges Kind mit aufs Hotelzimmer zu nehmen. Viele Hotels und Pensionen haben diese Hinweisschilder mittlerweile auch. Auf der anderen Seite berichtet jeder Taxifahrer in Cebu City, bereits einen auslaendischen Gast mit einem minderjaehrigen phil. Kind gefahren zu haben. Oder unter der Hand wird in manchen Hotels fuer die auslaendischen Gaeste trotz aller Gesetzgebung “etwas” moeglich gemacht. Es ist weiterhin einfach, Sex mit Minderjaehrigen zu haben, denn von zu vielen, die es verhindern koennten, wird es gebilligt und das geht bis in die hohen Aemter einer Stadt, denn schliesslich ist es eine Form von Tourismus und das belebt bekanntlich die Konjunktur.

Die Nachfrage ist also weiterhin sehr gross vor allem hinsichtlich der Kinderprostitution. Gewiss traegt die wirtschaftliche Lage der Familien hier dazu bei, dass sich Kinder prostituieren muessen oder geschickt werden. Es geht ums Ueberleben, nicht darum, sich ein wenig was dazu zu verdienen, sondern einfach nur ums Ueberleben. Nach Zeitungsberichten gibt es sogar Kinder, die sich fuer sauberes Wasser prostituieren.

Wer sich ein wenig mehr ueber das Thema informieren moechte, dem empfehle ich vor allem die PREDA Homepage und die Aktion Schutzengel von MISSIO Aachen.

October 14, 2008

Zurueck in Deutschland …

Filed under: Familie und Freunde — Carmela @ 2:14 pm

… ist meine Mama seit Mittwoch! Sie ist am Dienstag Abend von Manila aus zu Euch ins kalte Deutschland gefolgen. Wir haben uns am Wochenende noch gesehen, und jetzt muss ich erst ganz lange warten bis wir uns dann wieder sehen (8 Monate!) :-(  Ihr geht es aber gut, nachdem sie mit 8 stuendiger Verspaetung in Frankfurt angekommen ist. Es war echt schoen, sie so oft noch gesehen zu haben bevor sie wieder zurueck gefolgen ist.

Das bedeutet auch, dass ich jetzt an den Wochenenden Zeit habe, entweder was im Zentrum zu machen oder die Gegend und so mal zu erkunden, denn da bin ich bislang noch gar nicht zu gekommen. Nicht einmal die super tollen Staende von Subic Bay kenne ich. Kommt noch alles …

O.k., Euch allen liebe Gruesse!

Eure Carmela.

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